Ukraine – das wichtigste Projekt in der Firmengeschichte war kein IT-Projekt

In diesem Artikel möchten wir die komplette Geschichte zu der Ukraine Hilfsaktion nochmals zusammenfassen. Die Ereignisse in den letzten 4 Wochen waren unglaublich herausfordernd, aber auch emotional und anstrengend für das gesamte Team. Wie wir es intern nennen: es war alles sehr dynamisch! In den letzten Tagen blieb nun wieder etwas Zeit durchzuatmen und das Erlebte zu verarbeiten. Doch von Anfang an…

Januar 2022 wie alles begann

Angefangen hatte ursprünglich alles im Januar 2022 mit einer Anzeige auf einer ukrainischen Job-Plattform.  Der Fachkräftemangel in Deutschland brachte unseren CEO Michael Raber auf die Idee, IT-Fachkräfte in der Ukraine zu suchen. Wir hatten tatsächlich 4 vielversprechende Bewerbungen und nach einigen Gesprächen, erhielt Anfang Februar Illia Borodin eine Zusage und den MJR Arbeitsvertrag und sollte am 1. April planmäßig seinen ersten Arbeitstag in Knittlingen bei uns der MJR GmbH antreten. Soweit zumindest die Theorie.

Der 24. Februar 2022

Ein Tag, der schlagartig alles veränderte. Nicht nur für uns, sondern für die ganze Welt. Plötzlich war Krieg in der Ukraine, in Europa. Am frühen Morgen des 24.02.22 erreichte Michael Raber eine Nachricht von unserem zukünftigen Mitarbeiter Illia, dass er mit seiner Familie bereits das Land verlassen hatte und in Polen in Sicherheit sei. Eine gute Entscheidung, da er einen Tag später das Land nicht mehr hätte verlassen dürfen. Eine Unterkunft hatte er nun natürlich noch nicht, da seine Ankunft erst etwa einen Monat später geplant war und setzte nun auf die Unterstützung von MJR. Die Unterkunft für Illia und seine Familie war innerhalb von einer Stunde nach einigen Telefonaten & Nachrichten gefunden. Am 26.02.2022 waren Illia und seine Familie nun erst einmal in Deutschland in Sicherheit, hatten eine Unterkunft, Essen und Trinken.

03. März 2022 Kapitel II

Ein langjähriger Freund unseres Geschäftsführers Michael Raber, der seit 25 Jahren in Deutschland lebt, aber ursprünglich aus der Ukraine kommt, sendete eine Nachricht an Michael. Seine Frau und eine weitere Bekannte mit ihrer Mutter & ihrer Tochter seinen noch in Kiew und wollten auf dem schnellsten Wege das Land in Richtung Deutschland verlassen. Da Michael Raber auch gute Kontakte in die Ukraine hat und bereit war zu helfen, verselbständigte sich das Ganze mit enormer Geschwindigkeit.
Plötzlich bildete sich eine rasch wachsende Chat-Gruppe mit dem Titel „Welcome to Germany“.
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Jetzt kam erstmals auch die Frage auf, wo Unterkünfte in der Region herzubekommen sein könnten. 

04. März 2022 Die Macht von Social Media

Einen Tag darauf, am 4. März, kam erstmals die Idee auf mit einem Hilfskonvoi an die polnisch-ukrainische Grenze zu fahren, Hilfsgüter zu liefern und Flüchtende mit dem Bus in die Region Bretten in Sicherheit zu bringen. Unser Sales-Manager Marcel Kosel wurde aufgrund eines Social Media Posts (Aufruf für Unterkünfte) von dem befreundeten Jonas Balmer, Assistent der Geschäftsführung des Reisebüro Wöhrle gefragt, was er von der Idee halten würde, einen Reisebus mit Hilfsgütern zu beladen und auf dem Rückweg flüchtigen Ukrainern einen Platz im Bus bereitzustellen, um sich in der Region um Bretten in Sicherheit zu bringen. Die beiden fackelten auch nicht lange und waren sich schnell einig: Sie wollen helfen! Schnellstmöglich und ohne viele Umwege. So kam die Sache ins Rollen…


Am 5. März dann der erste Post auf Social Media zum Thema Ukraine Hilfe
Wir packen an! Und brauchen eure Hilfe!“ Gemeinsam mit @reisemitwoehrle und @projekteye organisieren wir eine Beförderung von benötigten Hilfsgütern an die polnisch-ukrainische Grenze, inklusive Mitfahrgelegenheit für Flüchtlinge nach Bretten in einem Reisebus.“ Auch unser zukünftiger Mitarbeiter Illia hatte sich entschieden nochmals (mit seinem privaten PKW!) an die polnische Grenze zu fahren, um vor Ort zu helfen und einige Menschen aus der Ukraine in Sicherheit zu bringen. Somit konnten wir allein zwischen dem 5. und dem 13. März 2022 durch die Beiträge auf Instagram und Facebook über 12.000 Menschen erreichen. Es wurde geteilt, was das Zeug hält!

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09. März 2022 Sachspenden & Hilfspakete kommen an

Die Menge an Hilfsgütern, die am 9. März bei der Sporthalle im Grüner in Bretten angeliefert wurde, war wirklich enorm. Es handelte sich vor allem um Sachspenden wie Nahrung, warme Kleidung und Hygieneartikel. Die Hilfsbereitschaft der Menschen in der Region war wirklich überwältigend.

Schnell war klar: Das passt nicht alles in den Reisebus. Und so wurden nur die Sachen, die am dringendsten in der Ukraine gebraucht wurden, in den Bus geladen, bis dieser wirklich randvoll war. (Der Rest wurde dann von einem LKW, durch den Bundeszentralverband Speyer – CDH-Stephanus e.V. zur Verfügung gestellt, am 14. März in die Ukraine gefahren)

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10. März 2022 Abfahrt an die ukrainische Grenze

Gegen 4:00 Uhr in der Früh startete der Bus, beladen mit Hilfsgütern, in Oberderdingen. Die Hauptinitiatoren Marcel Kosel (MJR GmbH), Janis Kuttler (Projekt Eye) und drei freiwillige Helferin/innen (Angelika Haas, Claudia Deschner & Tim Schäfer), waren die ganze Fahrt über mit an Bord. Zum Zeitpunkt der Abfahrt war noch nicht genau klar, wie viele Menschen kommen würden und wo genau sie unterkommen würden. Auch hier wieder: alles war sehr dynamisch! Es war nur klar, dass Menschen mit nach Bretten und die Region gebracht werden sollten. Am 10.03.2022 gegen 21 Uhr erreichte der Konvoi nach rund 18 h Fahrt sein Ziel: Przemysl in Polen. Dort wurden bei Nacht mit Stirnlampen noch die Kartons mit den Spenden umgeladen. Hier hatte ein LKW einer Hilfsorganisation aus der Ukraine und Illia und dessen guter Bekannter auf den Bus der Firma Reisebüro Wöhrle GmbH gewartet, die uns beim Aus- und Umladen tatkräftig unterstützt haben. Während das gesamte Team die Spenden aus dem Bus in den LKW verlud, brachte Illia die beiden Busfahrer Jakob Gerhard und Reinhard Schmid in das eine Stunde entfernte Hotel, welches nur 3h vor der Ankunft gebucht wurde. Aufgrund der mangelnden Kapazität an Betten in Hotels, entschloss das Team, nur die Busfahrer in einem Hotel unterzubringen, da diese sich für die Rückfahrt erholen mussten.

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11. März 2022 An der ukrainischen Grenze und im Flüchtlingszentrum

Nach wenig Schlaf in der Nacht im Bus bei -10 Grad Celsius ( wie beschrieben hatten nur die Busfahrer ein Hotel) machte sich das Team auf den Weg an den Grenzübergang, dort wurden die restlichen Hilfsgüter ausgeladen bzw. regelrecht aus den Händen gerissen. Vor Ort wurde dem Team mitgeteilt, dass alle Flüchtlinge von diesem Grenzübergang in ein nahegelegenes Einkaufszentrum das zum Flüchtlingszentrum umgebaut wurde via Shuttle-Bus befördert werden.

Im „Einkaufszentrum“ angekommen, mussten zunächst die Busfahrer offiziell registriert werden. Währenddessen machte sich das Team auf die Suche nach Flüchtigen, die nach Deutschland, genauer in die Region um Bretten, Knittlingen oder Oberderdingen wollten. Eindrücke vor Ort, die man sein Leben lang nicht vergessen wird, von leeren erschöpften Gesichtern bis hin zu Tränen der Freude/Erleichterung war alles mit dabei. Die Organisation vor Ort war besser als erwartet, es gab zwar keinen richtigen Plan aber trotzdem zogen alle an einem Strang und konnten so den chaotischen Zuständen standhalten.

11. März 2022 Rückfahrt nach Deutschland

Nach wenig Schlaf in der Nacht im Bus bei -10 Grad Celsius (nur die Busfahrer hatten ein Hotel) konnte am Nachmittag des 11. März der Bus mit 36 geflüchteten Frauen & Kindern wieder den Rückweg antreten. Illia konnte an der Grenze tatkräftig bei der Organisation & Registrierung helfen und vermitteln. Die Heimfahrt verlief zum Glück reibungslos und ohne Zwischenfälle. Da die Geflüchteten aber auch die Helfer größtenteils sehr müde & ausgelaugt waren. 

12. März 2022 Ankunft Bretten

Am frühen Morgen des 12. März trafen die Gastgeberfamilien zum ersten Mal auf Ihre Gäste und brachten diese nach einem kleinen Begrüßungsfrühstück in ihre liebevoll hergerichteten Unterkünfte in der Region Bretten & Umgebung. 
Auch hier geht nochmals ein herzliches Dankeschön an die Menschen, die so kurzfristig Wohnraum und Unterkünfte zur Verfügung gestellt haben, um die 36 Frauen & Kinder bei sich aufzunehmen.

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Fazit

Ein Kraftakt, ganz klar. Der ohne die Motivation der jungen Leute und die Rückendeckung der Unternehmen niemals zustande gekommen wäre. 

Doch wie beschreibt es Marcel Kosel im Video so schön: „Es ist gut vor Ort zu sein und den Menschen zu helfen. Es ist ein gutes Gefühl – macht es einfach!“ Ein mulmiges Gefühl in der Nacht blieb z.B. jedoch nicht aus, als Explosionen in der Ferne zu hören waren.

Die größte Hürde waren letztlich die Behördengänge. Hier wünscht man sich doch einfachere Bedingungen seitens der Behörden. 

24. März 2022 Der SWR berichtet aus Knittlingen

Am Morgen des 22.03. (Dienstag) klingelte das Telefon im MJR Marketing Büro. Der SWR habe Interesse daran, am Donnerstag einen Beitrag zu ukrainischen Geflüchteten in regionalen Unternehmen zu senden. Nachdem intern alles kurzerhand abgeklärt war, konnte die Zusage an den SWR gemacht werden. In einem 2:30 Min langen Bericht wurde die Geschichte am Abend des 24. März (man beachte: genau einen Monat nach Kriegsausbruch) dann bei SWR Aktuell im TV-Abendprogramm gesendet. 

Das Ergebnis kann hier in der SWR Mediathek (ab Minute 21:15 m) angesehen werden:

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Außerdem gibt es einen Youtube Kurzfilm, geschnitten von Janis Kuttler (Projekt Eye):
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Die Eindrücke sowie die Zustände vor Ort in der Ukraine, aber auch die grenzenlose Hilfsbereitschaft sind in diesem Kurzfilm zur Ukraine Hilfsaktion von MJR GmbH, Reisebüro Wöhrle und Projekt Eye eindrucksvoll dokumentiert.

Danksagungen

Wir danken nochmals allen, die diese Hilfsaktion in irgendeiner Art, sei es mit Sachspenden, finanziellen Mitteln, Telefonaten, Muskelkraft und/oder Unterkünften, unterstützt haben. Der Dank geht auch an die Firmen in der Region, die uns mit Bussen, LKWs, Spenden für Diesel oder in sonstiger Art und Weise unterstützt haben. 
Auch danken wir dem Bürgermeister der Stadt Bretten für seine Unterstützung beim Beladen des Busses und die Lagermöglichkeit für die ganzen Sachspenden in der Halle im Grüner. 

 

Hier finden Sie noch ein paar weiterführende Links und Berichte aus den lokalen Medien: 

 

Unterstützung im Bereich Entwicklung
MJR Team Meeting März 2022